Testbericht: Zähl HM1

Die Geschichte der professionellen Audiotechnik lebt schon immer von starken Persönlichkeiten, begnadeten Entwicklern, Ausnahme-Toningenieuren, genialen Ideen und ikonischen Marken, die bis heute Objekt der Begierde in Tonstudios geblieben sind, und – angesichts des heute sehr viel breiteren Marktes – regelmäßige ‚Ehrungen‘ durch Software-Emulationen erfahren. Wie diese Geschichte irgendwann auf virtueller Ebene weitergeschrieben werden wird, und wie die neuen Helden dann heißen werden, soll uns für den Moment noch nicht interessieren. Fakt ist, dass unter den Ikonen auch erstaunlich viele deutschen Ursprungs zu finden sind, die bis in die aktuelle Zeit hinein oder sogar aus der aktuellen Zeit heraus eine starke Leuchtkraft besitzen. Begänne ich jetzt mit einer Auflistung, wäre die Gefahr groß, einen oder sogar mehrere ganz wichtige Namen zu vergessen, weshalb ich hier keinen Versuch mit Vollständigkeitsanspruch unternehmen werde. Mit der Headline ‚Ausnahmetalent‘ ist tatsächlich unser Testkandidat, also das Gerät, gemeint, nicht sein Entwickler, wenngleich auch dieser einen Orden für sein Schaffen verdient hätte. Aber natürlich bleibt er, wie so viele seiner nicht minder begabten Kollegen, lieber leise und bescheiden im Hintergrund. Die Rede ist von Michael ‚Mika‘ Zähl, dessen berufliche Laufbahn im chaotisch-kreativen Umfeld des legendären Studios von Conny Plank in den 70er Jahren Fahrt aufnahm.

Conny Plank, einer der ganz großen, leider viel zu früh verstorbenen Tonkünstler unseres Landes, war ein brillanter Innovator und Vordenker, der unermüdlich nach neuen Lösungen für seine tontechnischen Ideen suchte und seiner Zeit stets vorauseilte. Zwei der Mischpulte, die Planks komplexe Vorstellungen erfüllen konnten, darunter die ‚nach Kundenspezifikation‘ entwickelte 56kanalige Inline-Konsole seines Studios, entstanden unter der Regie von Mika Zähl, der damit den Grundstein für seine spätere Firma legte, die bis heute herausragende Studiotechnik entwickelt. Zur aktuellen Produktlinie gehören, neben der analogen Konsole AM1, der parametrische EQ1 und der IM1 Insert Master, beide im API500-Format, das Zweislot-500er Rack ‚Rack 500 Dual‘ mit ausgelagertem Netzteil, diverse Spezialentwicklungen rund um die analoge Technik und eben auch der HM1 Referenz-Kopfhörerverstärker, mit dem sich Mika Zähl erstmals auch an audiophile HiFi-Enthusiasten wendet. Das Ziel dieser Geräte-Entwicklung war zweifelsohne klangliche Perfektion bei der Kopfhörerwiedergabe, vor dem Hintergrund der erstaunlichen Qualitätsentwicklung von Kopfhörern in den letzten zehn Jahren. Obwohl in Studios ein von jeder wirtschaftlichen Überlegung losgelöster Wunsch nach klanglicher Transparenz und Präzision nicht immer im Vordergrund stehen kann, wird es Kollegen geben, die ‚keine halben Sachen‘ machen wollen, auch wenn die Konsequenz ein vergleichsweise hoher Anschaffungspreis ist. Der HM1 wird in einer limitierten Auflage von fünfzig Exemplaren pro Jahr in Deutschland gefertigt, nicht, um das Angebot künstlich zu verknappen, sondern um das Unternehmen in seiner vom Inhaber bevorzugten ‚Manufaktur-Skalierung‘ zu halten. In der Vergangenheit wurde der Kopfhörer im Studio in erster Linie zum Einspielen der Monitormischung für die Musiker eingesetzt. Die klangliche Qualität war dabei nicht ganz so wichtig, wie die musikalische Information, an der die Musiker ihr Spiel orientieren konnten. Gesichtet wurden Kopfhörer sehr häufig auch beim Bandschnitt, dessen Qualität und ‚Unhörbarkeit‘ sicherheitshalber nochmals mit der ‚Kopfhörerlupe‘ kontrolliert wurde. Auch da ging es nicht um generelle Klangentscheidungen, sondern um das Heranrücken an die Details des Schnittverlaufs, der, wir erinnern uns, brutal und unwiderruflich mit der Klinge vollzogen wurde. Der Kopfhörer als Abhörreferenz oder -alternative zum Studiomonitor ist eine noch recht junge Entwicklung, die mit der Verbesserung der Schallwandler-Technologie einhergeht. Vor allem die Magnetostaten mit ihren großflächigen Planar-Membranen sorgten für einen deutlichen Qualitätssprung, was Impulstreue, spektrale Ausgewogenheit, Präzision bei der Wiedergabe tiefer Frequenzen und Räumlichkeit angeht. Diese Präzision deckte mit der Zeit aber auch Qualitätsunterschiede bei Kopfhörerverstärkern auf, was eine bis dato gar nicht ernsthaft geführte Diskussion auslöste. Auch wir als Testredaktion haben bereits entsprechende Hörerfahrungen machen dürfen, die man als Parallele zur Diskussion über die Endstufen-Auswahl bei passiven Lautsprechern betrachten kann. Ich hätte tatsächlich nicht gedacht, wie groß der Einfluss der Endstufe auf die Abbildungspräzision sein kann und wir sprechen hier wirklich von Größenordnungen, die den Bereich der Einbildung deutlich hinter sich lassen. Die Diskussion über Klangqualität wird im HiFi-Segment vielleicht auf einer etwas anderen Ebene geführt, denn der Hörgenuss steht bei dieser Anwendergruppe im Vordergrund. Nun ist das so eine Sache mit dem Genuss, denn das würde voraussetzen, dass man Lautsprecher (und Kopfhörer) bauen kann, auf denen jede technische Qualitätsstufe von Musik außergewöhnlich gut klingt. Das allerdings ist, wie wir wissen, ein Märchen, so dass auch dem HiFi-Enthusiasten eigentlich nichts anderes übrigbleibt, als möglichst transparent und authentisch zu hören. Dann klingt nicht alles gut, sondern vielleicht nur manches, aber man bekommt als Musikliebhaber auch ein realistischeres Bild davon, wie groß die Qualitätsunterschiede schon bei der Musikproduktion selbst sein können. Das wiederum führt zu einem Verstärkerkonzept, das vor allem die Transparenz der Wiedergabe in den Vordergrund stellt – nichts weglassen, was zum Signal gehört und nichts hinzufügen, was nicht zum Signal gehört. So einfach das klingt, ist die Umsetzung schwierig. Schauen wir uns unser Testgerät erst einmal genauer an…