Testbericht: Vintagetools N95 PEQ
Wenn von der klanglichen DNA der Schallplattenproduktion gesprochen wird, führt kein Weg an der Weltmarke Neumann vorbei. Das Berliner Unternehmen prägte nicht nur mit seiner Vinyl- und DMM-Schneidetechnik, sondern auch mit dem gesamten Umfeld an Signalbearbeitung den Sound ganzer Generationen. Gleich ob VMS-66, VMS-70 oder die späteren VMS-80 Systeme – ohne die hauseigenen Equalizer wäre kein Schneidprozess vollständig gewesen, denn auch zu dieser Zeit gab es schon so etwas wie 'Mastering', allerdings nicht im heute verstandenen Sinne, sondern oft als technisch motivierte Notwendigkeit, die abgegebenen Masterbänder überhaupt mit guter Qualität überspielen zu können. Die ersten systematisch eingesetzten Equalizer waren in den sechziger Jahren der 'PEa' und der 'OEV', die fest in die VMS-66 und die frühen VMS-70 integriert wurden. Beide Geräte arbeiteten noch mit vergleichsweise einfacher Filtertopologie, boten aber schon die entscheidenden Eigenschaften: reproduzierbare Rasterpositionen, absolute Kanalgleichheit und eine Frequenzband-Architektur, die auf die speziellen Anforderungen des Schneidprozesses abgestimmt war.
Mitte der siebziger Jahre folgte der W495 STB, der in den VMS-70 späterer Baujahre und dann standardmäßig in der VMS-80 zum Einsatz kam. Er war der modernisierte Nachfolger, mit aktiver RC-Filtertechnik, diskreter Class-A-Schaltung, +/-24 Volt Stromversorgung und Haufe-Übertrager. Ausgelegt als A1-Dannerkassette konnte er direkt in die Modulrahmen der Schneidkonsolen gesteckt werden. Drei Bänder bestimmten das Bild: Low-Shelf bei 40, 60 oder 100 Hz, ein Mittenband mit elf Frequenzen zwischen 200 Hz und 7 kHz und schaltbarer Bandbreite sowie ein High-Shelf mit 7, 10 und 14 kHz. Das Ganze in 1-dB-Rastern, vielfach später im Mastering auf 0,5 dB umgerüstet. Die Integration in die Schneidanlagen war dabei nicht zufällig: Der W495 STB befand sich unmittelbar in der Signalkette vor den Schneidverstärkern, meist in Kombination mit den Kompressoren/Limiter-Modulen U473 oder U473a. Die Bedienung war auf präzise, kleinteilige Eingriffe ausgelegt – geschmackliche Klanggestaltung war im Rahmen der Überspielung noch nicht das entscheidende Kriterium. Vielmehr ging es darum, das Programmmaterial in eine technisch und klanglich optimale Form für den Schneidkopf zu bringen: Basskontrolle für die Rillenauslenkung, Präsenzsteuerung für Sprachverständlichkeit, 'leichte' Höhen und schmalbandige Absenkung, um den Schneidprozess zum Beispiel bei S-Lauten nicht in Gefahr zu bringen. Optisch traten die Neumann EQ-Module in der Regel mit heller, cremeweißer Front auf, was in den 'labormäßig' ausgeleuchteten Schneidräumen den besten Kontrast für Skalen und farbig kodierte Potikappen bot. Schwarze oder dunkelgraue Fronten sind heute zwar auch zu sehen, meist entstanden sie aber später durch Sonderwünsche oder Revisionen im Zuge von Rack-Umbauten – ein stilistisches, nicht technisches Merkmal. Der W495 STB blieb dennoch für lange Zeit das Synonym für den 'deutschen Mastering-EQ' und geistert bis heute in Mastering- und Produktionsstudios als Geheimwaffe herum.