Interview: Grandbrothers

Es gibt gleich mehrere Gründe, ein Interview mit den Grandbrothers führen zu wollen – die außergewöhnliche Musik, die spezielle Art ihrer Erzeugung, ein legendäres Konzert im Kölner Dom, die Produktion des aktuellen Albums ‚Late Reflections‘ und die Mischung der Songs in Dolby Atmos. Das Duo ‚Grandbrothers‘ wurde 2011 in Düsseldorf von Pianist Erol Sarp und Toningenieur/Software-Designer Lukas Vogel gegründet. Zentraler Klangerzeuger und einziges Instrument der beiden Musik-Experimentatoren ist der Flügel, der mithilfe einer selbst entwickelten, computergesteuerten Apparatur zum ‚mechanischen‘ Sequenzer für Töne, Akkorde und auch Drumbeats mutiert, während er gleichzeitig von Erol Sarp live gespielt wird – wenn man so will, ein Duett zwischen Mensch und Musikmaschine. Aufgrund besonders glücklicher Umstände, über die wir gleich noch mehr erfahren werden, diente als Aufnahmeraum für das neue Album der 775 Jahre alte Kölner Dom, dessen außergewöhnliche raumakustische Eigenschaften prägend für die Kompositionen wurden und den Wunsch wach werden ließen, diese schier unvorstellbaren Dimensionen auch möglichst beeindruckend in Dolby Atmos zu inszenieren.

Der Auslöser für das am 14. April erschienene Album ‚Late Reflections‘ war die Frage, die der Kölner Dombaumeister Peter Füssenich bereits im Jahre 2019 an das Duo richtete, ob sie sich vorstellen könnten, zur Feier des 700jährigen Bestehens des Domchors, des 1322 entstandenen, ältesten Gebäudeteils der Kathedrale, im Hauptschiff des Kölner Doms ein Konzert zu geben. Das ist eine von diesen ‚Einmal-im-Leben‘-Gelegenheiten, die man möglicherweise zunächst für ein Missverständnis hält. Aber Lukas Vogel und Erol Sarp wurden eingeladen, Tests mit dem Flügel im Dom zu machen und zu erleben, wie monumental sich der Klang in diesem unfassbaren Raum ausbreitet. Es war klar, für dieses einzigartige Gebäude musste eine maßgeschneiderte Musik komponiert werden. Mit 13 Sekunden Nachhallzeit wurde der Dom dabei selbst zum Instrument. Etwas so Einmaliges durfte sich allerdings nicht in einem einzigen Konzert ‚verflüchtigen‘, sondern musste einfach auf einem Album festgehalten werden, kein Live-Album, sondern Studioaufnahmen mit für den Dom und seine einzigartige akustische Signatur komponierter Musik, wobei der Dom während einiger Nächte im Juli 2022 selbst zum Aufnahmeraum wurde. Mein Kontakt zu den Grandbrothers entstand über meinen lieben Kollegen und Mastering-Ingenieur Kai Blankenberg, der die Atmos-Mischungen in seiner kürzlich mit entsprechend vielen Lautsprechern aufgebohrten Mastering-Regie anfertigte. Ich traf mich mit Lukas, Erol und Kai in Düsseldorf zu einem Interview, das mehrere Wochen vor der Veröffentlichung des Albums ‚Late Reflections‘ geführt wurde. Für die Audiofachwelt sind ‚späte Reflexionen‘ inhaltlich klar als Diffusschall besetzt, so dass der Albumtitel, vermutlich weitestgehend unbemerkt durch das Hörerpublikum, unmittelbaren Bezug auf den Ort des Geschehens nimmt. Das Skyline-Mastering-Studio, unser Treffpunkt, ist die Heimat der Mastering-Aktivitäten von Kai Blankenberg, der seit über 20 Jahren in diesem Business erfolgreich mit Künstlern wie Andreas Bourani, Lady Gaga, Silbermond, Beatsteaks, Die Toten Hosen, Juli, Philipp Poisel, BAP, Sportfreunde Stiller, Tocotronic oder Konstantin Wecker zusammenarbeitet. Viele Nummer 1 Hits, Gold- und Platin-Scheiben begleiten seinen Weg als international erfolgreicher Mastering-Ingenieur, der, wie viele Kollegen seiner Generation alle Disziplinen des Studiobetriebs durchlebte und durchlitt, bevor er seine Begabung für den letzten Schliff und Schritt in der Musikproduktion entdeckte. Unsere Gesprächsrunde begann zunächst ganz klassisch mit einer persönlichen Vorstellung meiner Gesprächspartner Lukas Vogel und Erol Sarp. Ich übergebe das Wort…